Henry

„Auszeit für die Seele“- Ein Glaubenskurs und seine Sendung „Ihr seid gesendet!“ Pfarrer Oliver Holzborns Zuruf beim Auszugs-Segen ist uns vertraut. Mit der Familie finden wir uns regelmäßig im Sonntagsgottesdienst wieder. Im Sonntagsgottesdienst, der auch schon mal auf den Samstagabend fällt, weil uns ältere Eltern dort die Klarheit der Liturgie und die Schlichtheit der Messfeier mehr anspricht als die bisweilen „entertainige“ Präsentation der Heiligen Messe in Form des zeitgeistigen „Logos“-Gottesdienstes. Allerdings: Unser Johannes, 14 Jahre, schätzt Pfarrer „Olli“ Holzborn und seine junge Form der Ansprache, die dieser für „Logos “ gewählt hat. Schöner Stoff für familiäre Diskussionen über Richtungen und Bezüge, Ansprüche und Angebote einer Kirche im Wandel.

Die anstehende Firmung unseres jüngsten Sohnes und und die bevorstehende Silberhochzeit geben über das gewohnte, religiöse Leben hinaus zusätzliche Anlässe, über die eigene Haltung zu Glaube und Kirche nachzudenken, über das eigene Verhältnis zu Gott. Wir haben Eltern und Schwiegereltern, die ihr Altwerden meistern müssen und nach Kräften von uns begleitet werden. Wir unterstützen die Kinder, die ins Leben aufbrechen und in eine eigene Existenz hineinwachsen. Wir schultern berufliche Herausforderungen, private Konflikte, ungelöste Aufgaben und Ziele, die es zu Hause und draußen neu zu formulieren gilt. Da ist schon mal Hilfe willkommen, auch wenn wir uns am liebsten immer selbst helfen würden. Aber gerade dann, so heißt es doch, hilft einem Gott. Hilf Dir selbst, dann hilft Dir Gott. Der, der uns doch gesendet hat. Die Probe aufs Exempel ermöglichte jetzt ein Glaubenskurs in St. Petrus, an dem ich vier Tage lang teilgenommen habe. Warum? Weil die religiöse“Aufladung“ meines Lebens über einige Zeit zu kurz gekommen ist, weil Glaube und Kirche zwar wichtig, aber nicht immer durchdrungen waren von einer eigenen, persönlichen Beziehung zu Gott. Das Ich-Gott-Verhältnis hatte ich an die zuständigen „Stellen“ delegiert: Sonntagsmesse und Feiertage, Familienfeste und auch die Engagements, wo ich mich publizistisch oder im Ehrenamt für Ziele einsetze, die mich als Katholik fordern. Nicht immer bin ich den hohen Ansprüchen gerecht geworden, die für mich eigentlich so wichtig und maßgeblich sind. Vieles blieb unbeachtet und unbewältigt. Manches steht da schon lang auf der Wunschliste, auf meiner und der meiner Lieben, einiges auf der ganz persönlichen, inneren Agenda. Was ich da an eine Veranstaltung herangetragen habe, von der ich doch kaum im Ansatz wusste, was mich erwartete, war eigentlich eine Zumutung. Vielleicht hätte ich mich aber auch gefreut, wenn mich in den vielen Jahren, in denen ich jetzt zur Gemeinde St. Petrus gehöre, öfter jemand einfach mal angesprochen hätte. Von dem Glaubenskurs habe ich auch im Wochenblatt gelesen. Vielleicht sollten wir uns mehr direkt ansprechen. Gläubige einer Gemeinde brauchen eigentlich kein Medium, wenn Sie nur das Gespräch suchen. Wir müssen wieder lernen, einfach miteinander reden zu können. Auch dazu sind wir vielleicht gesendet.

Im Pfarrheim, dem etwas ungemütlichen 70er-Jahre-Bau mit einer Ausstrahlung zwischen SportUmkleidekabine und Schützenfesthalle, das große Fremdeln. Mein alter Pfarrer und Bundesbruder aus dem UNITAS-Verband, der theologisch brillante Oskar Rauchfuß als bekannter Anker. Dazu Pastoralreferent Hans Thunert, der mich in Gottesdiensten mit seiner konzentrierten Spiritualität immer besonders anspricht, als weitere Bezugsperson. Aber die vielen anderen Gesichter waren mir höchstens vom Sehen bekannt, manchmal von Kontakten, wie sie in einer Gemeinde üblich sind. Durch Lektorat, Besuch der Heiligen Drei-Könige, einen Einkauf im Welt-Laden oder das Engagement bei der einen oder anderen Aktivität. Jutta Appelhans, Monika Sänger – mehr Namen kannte ich nicht. Doch es dauerte nicht lange, um in die familiäre Atmosphäre eines Kurses hinein zu wachsen, der zunächst Impulse zum Nachdenken gab und dann den Austausch im persönlichen Gespräch ermöglichte. Sechs Männer waren wir an unserem Tisch, Suchende und im Glauben Gefestigte, überzeugte Katholiken, ein Ökumenefreudiger Protestant. Mit der Kirche Hadernde und auch am derzeitigen Wandel Zweifelnde. Nicht alle sind wir uns anfangs über unsere wirkliche Sendung im Klaren.

Manches hat mich an Laien-Diskursen der Kirche, die ich in der Vergangenheit erlebt habe, gestört. Das forsch-subjektive Reflektieren über Amtskirche von oben und Kirche von unten, über Rom, Vatikan und Papst, Bischöfe und Priester, Zölibat und Frauen in der Kirche. Und manche nachgeordneten Glaubens-Themen, die meist von außen an die Kirche herangetragen werden, von der Jungfrauengeburt bis zur Himmelfahrt Mariens, werden für mein Empfinden zu schnell als zentrale Fragen „kanonisiert“. Und heiß diskutiert. Mit Verletzungen und Verwerfungen. Viele Stöckchen, die den Gläubigen der großen Kirchen von kirchenfernen Kirchen-„Feinden“ hingehalten werden, wurden in meinen Augen zu oft brav übersprungen – oder noch öfter gerissen. Als wenn es nichts Wichtigeres gäbe, über das man sich klar werden müsste. Manches Gemeindeleben spiegelt überflüssigen Zwist und Streit wider, der doch eigentlich unter Gläubigen nichts zu suchen hat. Zu den natürlichen Widersprüchen innerhalb der Gläubigen am Ort also die uns aufgezwungenen Gegensätze einer unfreundlichen Öffentlichkeit. Von der eigentlichen Sendung ist da angesichts vieler Gegen-„Sendungen“ manchmal nicht mehr viel zu spüren.

Es war in meinen Augen ein großes Glück, dass Papst und Frauenpriestertum, Zölibat und Jungfrauengeburt diesmal fast keine Rolle spielten. Ich konnte mich abregen, wo ich wahrscheinlich schon in meinem gemütlichen Schützengraben insgeheim mit etwas anderem gerechnet hatte. Hier und da ein leises Rom-Grummeln, ein paar geistige Verdauungsgeräusche unverarbeiteter EmanzipationsKonflikte, aber das wars. Statt dessen stand im Mittelpunkt der Beiträge von Teilnehmerinnen und Teilnehmern das lebendige Glaubenszeugnis, gegen dessen fühlbare Intensität die müden StandardRituale religiös-kleingeistiger Spitzfindigkeiten wie Spielplatzstreitereien wirken. Und das war nicht alles: Die Glaubenszeugnisse wurden immer wieder geerdet durch Glaubenswahrheiten der Heiligen Schrift und der religiösen Überlieferung. An Stelle meiner zu Unrecht befürchteten spekulativ-bodenlosen Individualdeutungen zu Gott und Welt erlebten die Teilnehmer des Glaubenskurses, wie den eigenen Erfahrungen belastbare Fundamente zuwuchsen: Aus dem Neuen Testament, der Liturgie oder der Heiligengeschichte, die mit der BenediktSchwester Scholastica eine bemerkenswerte Frauengestalt in das Kursgespräch projizierte. Eine Frau, die erfahrbar gesendet war.

Vor allem die Heilige Messe mit fundierten Erläuterungen zur Bedeutung der Liturgie zog uns Kursteilnehmer in einen sanften Sog religiöser Gotteserfahrung, die die Gegenwart Christi in Momenten zu einer „unglaublichen“ Glaubens-Selbstverständlichkeit werden ließ. Ohne Show und schillernde Zier, sprach die Liturgie zu uns in einer schlichten Direktheit, der ich mich kaum entziehen konnte. So einfach kann Gottesdienst sein, so schlicht, so klar, so schön. Mit dem Gotteslob und der Begleitung durch die Orgel. Mit einem festlichen Einzug und dem offenen Ende, das jede Messfeier ausmacht: Wer aus der Kirche auszieht, ist noch nicht fertig. Er wurde direkt durch die Liturgie für seine Sendung geformt. Diese Sendung wurde am Ende noch einmal in einem Impulsreferat vielgestaltig konkretisiert, als authentische, nachprüfbare Erfahrung und Handlung. Wie meine Sendung künftig aussehen wird, weiß ich noch nicht. Ich selbst wünsche mir, dass es eine Sendung ist, die nicht vor allem zu neuen Aktivitäten ruft, sondern mich auffordert, mein Leben in Familie und Beruf noch stärker von Gott durchdringen zu lassen. Nur das eine nehme ich mir zusätzlich vor: Leute anzusprechen und von meiner Kirche zu erzählen, sie einzuladen. Selbst endlich das zu tun, was ich früher in meiner Gemeinde vermisst habe.

Henry C. Brinker

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